Heute habe ich mit meinen Enkelkindern geskypt. Ein Wikinger, ein Einhorn und eine Fee drängten sich auf unserem Bildschirm. Karneval am Rhein.
Als sie ihre Jutetaschen holten, um uns die Ausbeute vom Rosenmontagszug in die Kamera zu halten, sahen wir keinen Wikinger, kein Einhorn und auch keine Fee mehr. Sie verschwanden hinter prallgefüllten umweltfreundlichen Beuteln und ich fragte mich, ob die Freude über ein paar schwer ergatterte Bonbons nicht größer gewesen wäre.
Ich persönlich gehöre zu den Schunkelverweigerern. Brauche keine Tollität, die der fünften Jahreszeit vorsteht, ich versuche das ganze Jahr über ohne Pappnase lustig zu sein.
Hier in Italien mache ich eine Ausnahme. Wenn ich gerade im Lande bin, gehe ich gerne zu den dörflichen “sfilate di carnevale”. Es ist ein sympathisches Treiben ganz ohne Alkohol, aber dafür mit jeder Menge Konfetti, das die verkleideten Kinder immer wieder vom Boden aufkratzen und den Umzugswagen hinterherwerfen. Die werden von mächtigen Traktoren gezogen und weil die Zahl so übersichtlich ist, sind mehrere Dorfrunden eingeplant.
Spuren von Konfetti finde ich lange nach Aschermittwoch noch im Auto, in den Schuhen, in der Handtasche, in der Kapuze vom Mantel, in …

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Die Osterglocken haben ihren diesjährigen Auftritt schon so gut wie hinter sich. Hier in Italien blühen sie niemals zeitnah zur Eiersuche, können ihrem Namen also keine Ehre machen. Auf italienisch heißen sie TROMBONE, mit “Posaune” zu übersetzen, was immer sie auch rausposaunen mögen …

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Ich schaute mir gerade „Wunderschön – Süditalien“ aus der Mediathek an. Die Moderatorin saß mir in kurzen Ärmeln gegenüber und stieß den Satz „Italia che bella!“ aus.
Sie liebe dieses Land, … das blaue Meer, die kleinen Buchten, die luftigen Kleider, … endlich mal das stickige Zeug vom Leib!
Ich trage heute Stickiges und das werde ich auch noch die nächsten Wochen tun, denn auch in Italien gibt es einen Winter. Ein Winter, dem der Italiener nicht gerne mit Wärme trotzt. Ich friere in der Bar, in manchem Ristorante, im Wartezimmer des Zahnarztes, im Kino, im Theater, beim Töpferkurs, in Hotels und bei einigen italienischen Freunden, wenn sie zu dieser Jahreszeit zum Abendessen laden. Dann trage ich schon mal Skiunterwäsche …

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Im ganzen Haus riecht es nach Orangen.
Ich habe Marmelade gekocht. Marmeladekochen gehört zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Im Winter sind die Orangen dran. Die kaufe ich beim „Sizilianer“, wenn montags im Dorf Markt ist. “Non trattate” steht auf der handgeschriebenen Pappe. Die Orangen sind unbehandelt und schmecken wunderbar. Wir essen sie roh, sie kommen in den Salat, es gibt Vorspeisen und Hauptgerichte, in denen sie eine Rolle spielen und ich zaubere Nachtische. Wenn sich der „Sizilianer“ Anfang April von mir verabschiedet, macht mich das ein bisschen traurig. Aber auch nur ein bisschen, denn dann kommt der Frühling …

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Heute gingen siebzehn Minuten von dreißig in den italienischen Nachrichten ans Wetter.
Es hat geschneit.
In Rom waren es zehn Zentimeter, die für den Ausnahmezustand reichten. Der öffentliche Verkehr brach zusammen, teilweise blieben die Geschäfte geschlossen, die Kinder hatten schulfrei und wer konnte, fuhr im Circus Maximus Schlitten. Eine Armada von Reportern kämpfte sich durchs Chaos, befragte frierende Menschen an den Bushaltestellen, Schnee schippende Ladenbesitzer, städtische Skilangläufer und interviewte schlechtgelaunte Autofahrer beim Anlegen der Schneeketten, wobei dem Gesagten nicht immer zu folgen war, wegen der Montageanleitung zwischen den Zähnen.
Unsere Nachbarn traf ich im Garten. Sie spielten mit ihren Kindern im Schnee. Keine Schule, kein Kindergarten und auch der Papa, der in einer „Carrozzeria“ arbeitet, blieb zu Hause. Der wird danach Überstunden machen müssen, nicht wegen der Abwesenheit aufgrund höherer Gewalt, sondern wegen all der Blechschäden, die die ungewohnten Straßenverhältnisse mit sich bringen.
Unsere Katze will nicht mehr raus. Ein Rotkehlchen hüpft völlig entspannt auf unserer schneefreien Terrasse. Ich habe Nüsse kleingehackt. Es soll ihm gut gehen …

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Ich habe eine Maus gekauft. Eine Spielmaus für die Katze. Seit die Landschaft unter Schnee begraben liegt, möchte sie nicht mehr raus. Unsere Katze mag keine Veränderungen. Schon gar nicht solch allumfassenden.
Mittlerweile langweilt sie sich im häuslichen Schutzraum. Wenn sie nicht auf meinem Schoß lungert, krallt sie sich in den leinenen Vorhängen fest. Die Maus ist ein voller Erfolg. Schoß und Vorhänge wurden entlastet.
Ich hätte auch ein Modell „Vogel“ bekommen können. Das hat mir etwas Entrüstung entlockt. Die Kaufentscheidung „Maus“ macht mir gerade ein schlechtes Gewissen …

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Drei Tage später …
Die Maus wurde fachgerecht zerlegt. Ich bin froh, dass die Schneeschmelze massiv eingesetzt hat! Die Katze auch …