September

Spätsommertage

Die Landschaft ist braun, das Licht milde, das Restgrün leuchtend, die Temperaturen moderat, das Haus endlich wieder runtergekühlt, die Tage kürzer, die Nächte durchschlafen, …  die Trauer groß.

Endlich ist alles so, wie ich es ersehnte, als es vor der großen Hitze kein Entkommen gab. Warum dann trauern? Es ist wohl das Wissen um den Abschied und die Furcht vor der kalten Jahreszeit.

Ich sollte den Kopf nicht so hängenlassen, wie die Sonnenblumen, die wie Unschuldige in der Gegend rumstehen und aufs Geköpftwerden warten.

Ich sollte die Spätsommertage genießen, die bis weit in den Oktober hineinreichen können. Ich sollte mich freuen …

Tu ich doch!

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Es tut sich was.

Was lange währt … unser Stromanbieter hat sich nach langem Kampf offensichtlich zum Ausbau des Netzes durchgerungen. Man hat Material abgeladen. Zwei Masten aus Metall liegen im abgeernteten Sonnenblumenfeld. Schritt eins …

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Endlich Urlaub! Sardinien … und ohne Worte!

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Aufgestellt und ausgepackt.

Welch eine Freude, keine Trauer, weil der Urlaub vorbei ist.

Wird nun endlich alles gut, was solange währte? Das Feld gepflügt, die Masten stehn, dann wird das mit dem Strom bald gehn.

Oktober

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Heute habe ich Feuer im Kamin gemacht.

Auch mein Pappmache-Mann schaut traurig aus. Dauerregen zum ersten Oktober. Viel zu früh. Ich möchte noch keine Wollpullover tragen und ich möchte mir auch nicht anhören müssen, dass es kein schlechtes Wetter gibt, sondern nur falsche Kleidung …

Das Öl ist in Dosen!

Zugegeben, wir waren nicht so gleichgültig, was die Beobachtung der Entwicklung unserer Oliven angeht, wie ich das im Mai erwähnte. Wir mussten in den Sommermonaten feststellen, dass nicht alle Bäume gleich trugen, manche sogar gar nichts. Das hatte mit der Frostnacht im März zu tun, die hatte Schäden hinterlassen. So war nicht sicher, ob wir die geforderte Mindestmenge von vier Zentnern für die Ölmühle zusammenbekommen. Und als wir die ersten Olivenfliegen sichteten, ging es nur noch darum, ihnen zuvorzukommen. Das heißt, wir haben die Ernte vorverlegt. Drei Tage haben wir von Hand gepflückt. Ein knappes, aber ausreichendes Ergebnis bescherte uns fünfunddreißig Liter Öl. Klingt viel, ist aber wenig für all die Mühen, die dahinterstecken. Dann frage ich mich immer, was sich in den Literflaschen beim Discounter für 6,25 € befindet. Bio Olivenöl nativ extra? So zumindest steht es auf dem Etikett …

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Gestern war ich im Kino.

Da ich nun schon mal im Städtchen war, besorgte ich Knöpfe im Kurzwarenladen und brachte ein Bild zum Rahmen. Das Personal trug wattierte Anoraks, der Herbst hatte auch in den Läden Einzug gehalten. Beim Glas Wein und den Stuzzichini in der Bar behielt ich meinen Mantel an und zog ihn auch im Kino nicht aus. Das war nicht der Grund, warum ich mal wieder nicht alles verstanden habe …

November

In sechs Wochen ist Weihnachten.

In der Regel wird die Stimmung schon durch die ersten Lebkuchen und Spekulatius Ende August beansprucht, wenn man sie in den Regalen der Supermärkte entdeckt. Ich versuche sie nicht zu entdecken, was in Italien nicht so schwerfällt, denn hier beginnt der Vorverkauf erst Ende Oktober, und aufgestapelte Panettone lösen bei mir immer noch nicht Assoziationen wie Lebkuchen oder Spekulatius aus. So ganz langsam würde ich mich allerdings gerne einer zeitlich angebrachten Weihnachtsstimmung hingeben, wären da nicht die unpassenden Wetterkonditionen. Ich weiß, es gibt weiß Gott andere Probleme …

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Ich war ein paar Tage in Rom. Mit dem Zug.

Zugfahren in Italien ist preiswert. Für 16,20 Euro in dreieinhalb Stunden einmal quer durch den Stiefel. Über den Apennin hinweg und streckenweise durch ihn hindurch. Ich liebe Zugfahren. Wenn ich nicht rausschaue, schaue ich in mein Buch, das ich mir für die Reise ausgesucht habe. Lesen ohne schlechtes Gewissen, … weil doch noch so viel anderes zu tun wäre. Im Zug muss man nichts tun. Im Zug muss man nur sitzenbleiben, bis man ankommt.

Und dann habe ich mich ins Großstadtgewusel gestürzt. Mir tut das gut, nach jeder Menge Landleben. Rom ist unerschöpflich. Es gibt immer wieder Gründe, sechzehn Euro zwanzig hinzulegen …

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Heute versinkt alles im Dunst.

Das sind die Tage, an denen ich während der Wintermonaten in den Bars und ungeheizten kleinen Lebensmittelläden noch mehr friere, als gewöhnlich. Dann denke ich an nette Cafés in Deutschland, wo man sich durch Gratis-Illustrierten blättern kann, während man an einer heißen Schokolade mit Sahnehaube nippt.

Manchmal versinken wir tagelang in dickem Nebel. Dann erinnere ich mich daran, als unser Ältester uns vor Jahren zur Zeit des Renovierens das erste Mal besuchte. Eine Woche lang durften wir uns über seine Anwesenheit freuen. Er sah, was wir schon geleistet hatten und er sah, was es noch zu leisten gab, aber er sah nicht, in welcher Landschaft sich unser Haus befand.

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Dezember

Das schaut hässlich aus.

Befindet sich aber erfreulicherweise nicht in unmittelbarer Nähe zu unserem Haus, allerdings nahe genug, um auch uns endlich mit der Strommenge zu versorgen, die wir brauchen.

Kekse backen und gleichzeitig Weihnachtsmusik hören, während die Waschmaschine läuft und die Wärmepumpe sich um die Fußbodenheizung kümmert. Das ging noch nie!

Oh du fröhliche, oh du selige …

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Weihnachten steht vor der Tür.

Und auf unserer Terrasse ein Tannenbaum. Nichts Edles, das bekommt man hier in Italien nicht. Es sind die kurznadeligen mit Wurzelballen, die in der enganliegenden Netzverpackung auf einen Käufer warten, der sie mit nach Hause nimmt. Wir haben einen mit nach Hause genommen. Auch ohne Netz bleiben die Äste erst einmal da, wo sie möglicherweise schon vor Wochen hingezurrt wurden. Nur mit aufgelegten Gewichten (quasi ein orthopädischer Eingriff) und genügend Zeit, bekommen wir sie in eine Position, die ein Schmücken zulässt.

Sind wir im Januar in Deutschland und die ausgedienten Edeltannen liegen abholbereit in sattem Grün und dicht benadelt am Straßenrand, möchte ich sie einsammeln.

Ich bin eine überzeugte Europäerin.

Nach einigen Jahren in Asien ist mein Zugehörigkeitsgefühl gewachsen. Da wurde Europa zur Heimat. Auch wenn die großen Ketten mittlerweile weltweit die Einkaufszonen bestimmen, die kulturelle Vielfalt ist noch nicht unter die Räder gekommen.

Das zeigt mir das weihnachtliche Sortiment im Supermarkt. Alles mit Neugierde probiert und einiges liebgewonnen. Nur an den gefüllten Schweinefuß habe ich mich noch nicht rangetraut …

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Heute kam das letzte Blech aus dem Ofen. Morgen kommen die Enkel.

Während der Adventszeit ging ein Hilferuf durch die sozialen Netzwerke. Wie organisiert ihr die Zutaten fürs traditionelle, deutsche Weihnachtsgebäck in Italien? Da gab es Vorschläge, wegen der fehlenden Oblaten die örtliche Pfarrei aufzusuchen, das Kokosfett bei Amazon zu bestellen und Marzipanrohmasse habe man schon bei Ikea gesichtet. Ich habe 15 Sorten gebacken. Ich hätte weitere 15 Sorten backen können und hätte immer noch kein Problem mit den Zutaten gehabt. Ich habe in vielen Auslandsjahren gelernt zu improvisieren. Meine Kekse sehen weder provisorisch aus, noch schmecken sie so. Frohe Weihnachten …

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